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Der österreichische Richtwert-Mietzins

11.03.2024
Altbau in der Stadt

Autor/-in

Benjamin Hofmann

Kategorien

  • Markt
  • Kauf
  • Verkauf

Der durch das 3. Wohnrechtsänderungsgesetz 1994 eingeführte Richtwertmietzins, bildet bis heute die zentrale Mietzinsbildungsnorm des Mietrechtsgesetzes (MRG). Durch den Richtwertmietzins wurden die Kategoriemietzinse, ausgenommen die Kategorie D Mietzinse für Substandardeinheiten, abgelöst.

Beim Kategoriemietzins war eine fixe Quadratmetermiete österreichweit gültig. Mit dem Richtwertsystem versuchte man auf die regionalen Unterschiede Rücksicht zu nehmen, was zumindest bei Einführung zu einer Annäherung an die Mieten am freien Markt führte.

Grundsätzlich kommt es zur Anwendung des Richtwertmietzinses bei Vermietungen von Wohnungen der Kategorie A, B und C nach dem 1.März 1994, sofern diese vor dem 08.05.1945 baugenehmigt wurden und weder die Voraussetzungen für einen freien, einen angemessenen oder einen durch Förderbestimmungen bestimmten Mietzins gegeben sind.

Umgekehrt kommt der Richtwertmietzins insbesondere nicht zur Anwendung, wenn es sich um eine Wohnung der Ausstattungskategorie D, oder um eine Geschäftsraummiete handelt oder bei einer Voll- oder Teilausnahme zum Mietrechtsgesetz.

Definitionen und Konzepte

Richtwert

Der Richtwert ist jener Betrag, der als Hauptmietzins für die so genannte »mietrechtliche Normwohnung« pro Quadratmeter Nutzfläche festgesetzt wird. Er wird für jedes Bundesland per Verordnung durch das Bundesministerium für Justiz festgelegt und kundgemacht und bildet die Grundlage für die Berechnung des Richtwertmietzinses.

Richtwertmietzins

In § 16 MRG wird der Richtwertmietzins als derjenige angemessene Betrag beschrieben, der für eine gemietete Wohnung der Ausstattungskategorie A, B oder C zwischen Mieter und Vermieter je Quadratmeter der Nutzfläche und Monat vereinbart wird und unter Berücksichtigung allfälliger Zu- und Abschläge verrechnet werden darf.

Der Richtwertmietzins wird also vom Richtwert ausgehend unter Berücksichtigung allfälliger Zu- und Abschläge jeweils im Vergleich zur so genannten mietrechtliche Normwohnung berechnet.

Normwohnung

Was eine mietrechtliche Normwohnung ist, wird in § 2 Richtwertgesetz (RichtWG) definiert. Demnach handelt es sich dabei um »eine Wohnung mit einer Nutzfläche zwischen 30 Quadratmeter und 130 Quadratmeter in brauchbarem Zustand, die aus Zimmer, Küche (Kochnische), Vorraum, Klosett und einer dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit (Baderaum oder Badenische) besteht, über eine Etagenheizung oder eine gleichwertige stationäre Heizung verfügt und in einem Gebäude mit ordnungsgemäßem Erhaltungszustand auf einer Liegenschaft mit durchschnittlicher Lage (Wohnumgebung) gelegen ist«.

Diese Normwohnung entspricht also grundsätzlich einer Wohnung der Ausstattungskategorie A, die sich aber zusätzlich noch in einem Gebäude mit ordnungsgemäßem Erhaltungszustand und in durchschnittlicher Lage (Wohnumgebung) befinden muss.

Erhaltungszustand

Zusätzlich zu den in § 2 Richtwertgesetz (RichtWG) angeführten Kriterien muss sich das Gebäude, nicht die Wohnung, in einem ordnungsgemäßen Erhaltungszustand befinden.

Ein Gebäude befindet sich nach § 2 Abs.2 RichtWG in ordnungsgemäßem Erhaltungszustand, »wenn der Zustand seiner allgemeinen Teile nicht bloß vor- übergehend einen ordentlichen Gebrauch der Wohnung gewährleistet« und »im Zeitpunkt der Vermietung keine Erhaltungsarbeiten im Sinn des MRG anstehen«.

Damit soll in erster Linie auf die für den Gebrauch einer Wohnung unverzichtbaren allgemeinen Teile des Hauses, wie insbesondere die Außenfenster, das Dach und die Ver- und Entsorgungsleitungen, abgestellt werden.

Jetzt noch die Wohnlage

Nach § 2 Abs. 3 Richtwertgesetz (RichtWG) ist »die durchschnittliche Lage (Wohnumgebung) nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens zu beurteilen und dort vorhanden, wo ein Gebäudebestand, der in der Zeit von 1870 bis 1917 – also Gründerzeitviertel - errichtet wurde und im Zeitpunkt der Errichtung überwiegend kleine, mangelhaft ausgestattete Wohnungen (Wohnungen der Ausstattungskategorie D) aufgewiesen hat, vorherrschend ist«.

Die beschriebene Durchschnittslage scheint konzipiert (nur) für Wiener Verhältnisse und bezieht sich auf die so genannten »Gründerzeitviertel« in Wien mit einem überwiegenden Anteil - von mindestens 50% - kleiner und mangelhaft ausgestatteter Wohnungen.

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Wie wird der Richtwert ermittelt?

Die Berechnung und Feststellung des Richtwertes erfolgt nach einem komplizierten, gesetzlich festgelegten Schema (§ 3 RichtWG), wobei der Richtwert selbst als Bindeglied zwischen der Mietzinsbildung im geförderten Neubau und der Mietzinsbildung im Altbau verstanden wird.

Ausgangsbasis bilden die im geförderten Neubau für eine Neubaumietwohnung anfallenden Grund- und Baukosten.

In der Folge werden jene Baukostenanteile, die zwar Gegenstand der Förderung sind, aber typischerweise im Altbau nicht vorhanden sind in Abzug gebracht z. B. Lift, zentrale Wärmeversorgung etc.

Schließlich werden, um zum Richtwert zu gelangen, die 4% des Grundkostenanteils und die 5,5% der Baukosten (4% Verzinsung, 1,5% Erhaltungskomponente aufgrund der Abschreibung auf 66 Jahre) addiert und von der ermittelten Zwischensumme weiters 5% der Errichtungskosten eines Aufzuges sowie 5% der Errichtungskosten einer gemeinsamen Wärmeversorgungsanlage pro Quadratmeter Nutzfläche abgezogen. 1/12 dieses Ergebnisses ergibt den Richtwert pro Monat.

Auf Grund von Daten der jeweiligen Landesregierung (teilweise auch auf Grund von Gutachten eines eigens dafür geschaffenen Beirats, der aber zwischenzeitlich wieder aufgelöst wurde) wird der Richtwert für jedes Bundesland durch Verordnung des Justizministers festgesetzt. Die Neufestsetzung erfolgt alle zwei Jahre (wenn durch die Politik nicht eingegriffen wird).

Der zulässige Hauptmietzins für die konkrete Wohneinheit ergibt sich, indem man im Vergleich zur Normwohnung werterhöhende und wertvermindernde Umstände ausgehend vom Richtwert durch Zuschläge und Abschläge berücksichtig.

Wohnviertel

Aus der Praxis

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass bei allen Mietverhältnissen, der Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses für die Bemessung des Mietzinses ausschlaggebend ist. Daher kommt es auch heute noch regelmäßig vor, dass in bestehenden Mietverhältnissen so genannte »Altmietzinse« zur Anwendung gelangen. Gründe, die die alte Zinsregelung ersetzen können, sind z.B. Vertragseintritte von nicht Begünstigten oder bei der Unternehmensveräußerung.

Der Richtwertmietzins berechnet sich ausgehend vom Richtwert unter Berücksichtigung aller Abweichungen in Bezug auf die mietrechtliche Normwohnung. Sämtliche Zu- und Abschläge dürfen sich jedoch nur einmal auswirken.

Grundformel für den Richtwertmietzins

Richtwertmietzins = Richtwert + Zuschläge – Abschläge

Heutzutage kann man bei einem Mietzinswohnhaus mehr als zehn verschiedene Arten von Mietzinsen unterscheiden, die zwar nicht bei Abschlüssen von neuen Mietverträgen, aber bei der Beurteilung von Verträgen aus der Vergangenheit maßgeblich sind.

Fazit

Allgemein kann man konstatieren, dass sich auch das Richtwertesystem mit seinen flexiblen, individuellen Mietzinsbildungsvorschriften, durchaus bewährt hat, wenngleich auch die Bestimmungen in ihrer Anwendung sehr schwierig sind.

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