Die Nutzfläche bei Immobilien
23.08.2024
Autor/-in
Benjamin Hofmann
Kategorien
- Markt
Immer wieder stellt sich die Berechnung verschiedener Flächen als große Hürde heraus. Warum das so ist, werden wir hier etwas näher beleuchten und hoffentlich etwas Licht ins Dunkel der Nutzflächen bringen.
Was kann ein Quadratmeter sein? Eine kurze Vorgeschichte
Da keine allgemein gültigen Legaldefinitionen für Flächenbegriffe existieren, werden in den jeweiligen Spezialgesetzen, wie z. B. der Bauordnung oder Raumordnung auf Landesebene und im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) oder im Mietrechtsgesetz (MRG) auf Bundesebene, selbst im Gesetz Definitionen für Flächenbegriffe festgeschrieben.
In einigen Rechtsvorschriften, wie z. B. der Energieeffizienz- Richtlinienverordnung, wird dabei auf die ÖNORM (B 1800) Bezug genommen. Durch den gesetzlichen Verweis ist diese verbindlich zu verwenden.
Die verschiedenen Nutzflächenermittlungen im Überblick
- Mietrechtsgesetz MRG
- Wohnungseigentumsgesetz WEG
- Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz WGG
- Bauordnung BO Wien
- OIB-Richtlinie
- ÖNORM B 1800 zzgl. Beiblatt
- Wiener Garagengesetz WGarG
- Leitfaden der MA25
Rechtssicherheit - was gilt eigentlich?
Der Begriff der Nutzfläche im § 2, Abs. 7 WEG entspricht inhaltlich jenem des § 17 Abs. 2 MRG, weshalb auch auf die dazu ergangene Judikatur und die diesbezüglichen Lehrmeinungen zurückgegriffen werden kann.
Ebenso wie für den Nutzwert sind die gesetzlichen Vorgaben zur Ermittlung der Nutzfläche zwingenden Charakters.
Eine Disposition darüber (etwa, dass ein Balkon einvernehmlich in die Berechnung der Nutzfläche einer Wohnung mit einzubeziehen wäre) ist nicht möglich.
ÖNORMEN stellen gerade im Bereich der Immobilien eine wichtige Quelle zur Ermittlung des Standes der Technik dar.
ÖNORMEN sind zwar grundsätzlich bloß Richtlinien. Nur soweit sie durch Rechtsvorschriften für verbindlich erklärt wurden, kommt ihnen der Charakter einer generellen Norm zu.
Der Gesetzgeber verweist somit lediglich auf die ÖNORM und erklärt für verbindlich.
Diese Fläche ist als Nutzfläche in § 17 MRG folgendermaßen definiert
"Die Nutzfläche, die in Quadratmetern auszudrücken ist, ist die gesamte Bodenfläche einer Wohnung oder eines sonstigen Mietgegenstandes abzüglich der Wandstärken und der im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen). Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind, sowie Treppen, offene Balkone und Terrassen sind bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen. Veränderungen der Nutzfläche auf Grund baulicher Maßnahmen des Mieters oder sonstigen Nutzers im Inneren der Wohnung oder des sonstigen Mietgegenstandes einschließlich der Verglasung von Balkonen bleiben bis zur Beendigung seines Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses unberücksichtigt."
Um eine einheitliche Berechnung der Nutzfläche gem. MRG zu gewährleisten, ist im MRG auch festgelegt, wie diese zu erfolgen hat. So ist bei Gebäuden, deren Baubewilligung
- vor 1985 erteilt wurde, die Nutzfläche mittels Naturmaßen zu berechnen.
- nach 1985 erteilt wurde, die Nutzflächen anhand der Maße des behördlich genehmigten Bauplans zu ermitteln. Ist die Ermittlung anhand der Baupläne nicht möglich oder eine Abweichung von mehr als 3 % vorhanden, so muss die Nutzfläche ebenfalls mittels Naturmaßen berechnet werden.
Für die Bestimmung der Nutzwerte und in weiterer Folge der Mindestanteile der einzelnen Wohnungseigentumsobjekte ist die Nutzfläche natürlich von zentraler Bedeutung.
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Um eine einheitliche Ermittlung der Nutzfläche zu gewährleisten, wird vom Gesetzgeber im WEG eine Legaldefinition festgelegt.
Demnach ist die Nutzfläche in § 2 WEG definiert als
"[...] die gesamte Bodenfläche eines Wohnungseigentumsobjekts abzüglich der Wandstärken sowie der im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen und Ausnehmungen. Treppen, offene Balkone und Terrassen sowie Zubehörobjekte sind bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen; für Keller- und Dachbodenräume gilt dies jedoch nur, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind."
Die Flächendefinition nach WGG
Die Legaldefinition der Nutzfläche im WGG ist beinahe deckungsgleich mit den Definitionen der Nutzfläche im WEG 2002 und MRG.
Das WGG ist für uns eh nicht von sehr großer Bedeutung, daher lassen wir das so stehen.
Jetzt zur Flächendefinition nach der Wiener Bauordnung (BO Wien)
Für die im Verantwortungsbereich der Länder liegenden Gesetzesmaterien, wie z. B. Baurecht, Raumordnung oder Wohnbauförderung, existieren jeweils neun Landesgesetze.
Daher heute nur die Bauordnung Wien beispielhaft:
Der Begriff der Nutzfläche ist in der BO für Wien nicht definiert, obwohl dieser einige Male im Gesetzestext Verwendung findet.
Die MA 37 (zuständig für Bauangelegenheiten) geht aber davon aus, dass für die Ermittlung der in der Bauordnung für Wien verwendeten Flächenbegriffe die ÖNORM heranzuziehen ist.
Aber nach ÖNORM B 1800, zählt z.B. die Sanitärfläche nicht mehr zur Nutzfläche und ist separat auszuweisen. Naja, lassen wir das …
Dann gibt es noch den Leitfaden der MA 25 zur Berechnung der Nutzfläche
Die Wohnnutzfläche ist jene Fläche, die als Grundlage für die Nutzwerte, die Berechnung der Miete usw. ermittelt wird. Sie ist wichtiger Bestandteil des Miet-/ Nutzungs-/ Eigentumsvertrages. Gemeinsam genutzte Flächen (z.B. Mitbenützung Gang-WC, gemeinsam genutzte Vorräume usw.) zählen nicht zur Nutzfläche, da eine alleinige Nutzungsmöglichkeit gegeben sein muss.
Aus der Praxis drei sehr häufige Beispiele
1. Die allseits beliebten Dachschrägen gem. MRG bzw. WEG
Das Gesetz sieht hinsichtlich der Raumgröße keine bestimmte Raumhöhe vor, grundsätzlich ist somit die gesamte Bodenfläche zu berücksichtigen. Dachbodenräume seien nach dem Gesetzestext nur dann auszunehmen, wenn sie nach ihrer Ausstattung nicht zu Wohn- oder Geschäftszwecken geeignet seien (§ 17 Abs. 2 MRG). Diese Formulierung könne nicht so verstanden werden, dass die Räume tatsächlich zur Bewohnung geeignet sein müssten, es genüge wohl, wenn sie sich zur Nutzung als Nebenräume, wie etwa Garderoben., Speis, Bügelkammer bzw. Waschmaschinenraum oder dgl., wie sie üblicherweise in einer Wohnung zu finden seien, eigneten.
Nochmals: Auf die Raumhöhe und die damit verbundene Möglichkeit, den Raum über der Bodenfläche zu nutzen, nimmt das MRG und das WGG und das WEG – nicht Rücksicht.
2. Die Loggia oder der Balkon gem. MRG bzw. WEG
Eine Loggia ist ein nach vorne offener, von seitlichen Wänden, einem Fußboden und einer Decke begrenzter Raum, der in der Regel anderen Räumen einer Wohnung vorgelagert und – zum Unterschied von einem Balkon, der meistens an der Hausfront angesetzt ist – meist ganz oder teilweise in das Gebäude eingeschnitten ist. Loggien sind Teil der Nutzfläche. Loggien müssen von der Wohnung direkt zugänglich sein. Öffenbare Fenster und Türen anderer Wohnungen dürfen nicht in die Loggia gerichtet sein. Fenster in allgemeine Gebäudeteile sind zulässig.
Veranden und Wintergärten sind analog den Loggien zu rechnen.
Befestigte Freiflächen einer Wohnung, die nicht den Kriterien einer Loggia entsprechen, sind als Balkon oder Terrasse zu bewerten. Diese sind keine Nutzfläche. Kombination mit Loggien sind möglich.
Noch ein Wort zu Kellerabteile: Ein Einlagerungsraum ist gemäß Wiener Bauordnung außerhalb des Wohnungsverbandes vorzusehen. Die Fläche des Einlagerungsraumes ist keine Nutzfläche.
3. Türen und Fenster gem. MRG bzw. WEG
Wenn Türen oder Fensternische bis zur Decke reichen zählen sie zur Nutzfläche, wenn es einen Sturz gibt, dann nicht!
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